vorgestellt:
Der Brocken

 

 

 

 




Aber endlich teilten sich die Wolken auf ...
Der alte Vater Brocken und seine Wirte

„Nachdem wir uns hier der sehr kalten schneidenden Luft wegen in unsere Mäntel gewickelt hatten, tauchten wir uns wohlgemut in das wogende Meer von Wolken, welche wie Pulverdampf an uns vorüberflogen, und uns rings so einhüllten, dass wir einander kaum sehen und errufen konnten... Betäubt von dem zauberischen Märchen unserer Umgebungen erreichten wir endlich gegen Abend, das große, neue Brockenhaus, das wir aber nicht eher erblickten, bis wir davor standen... Gegen 10 Uhr (in der Nacht) trat ich noch mit dem Wirte vor das Haus, und genoss das Fürchterlich- Schöne einige Minuten, die mir ewig unvergesslich bleiben werden. Staunend und nicht ohne inneres Leben fühlte ich in diesem Augenblick die Abgeschiedenheit von aller Welt, die furchtbare Nähe des Himmels, und erst jetzt verstand ichs, warum gerade hier auf dem Blocksberg die Hexen tanzen sollen. (Am Morgen) standen wir, vom Wirte geweckt, zeitig auf, frühstückten schnell und begaben uns mit einer Pfeif Tabak alsobald ins Freie, wo ein kalter Schneewind wehte. Den Sonnenaufgang hatte uns der Nebel verhüllt, aber endlich teilten sich die Wolken auf und - eine kleine Welt von 880 Quadratmeilen lag vor unseren staunenden Blicken.“

Soweit Joseph von Eichendorff von seiner Reise auf den Brocken im Jahre 1805. Er war eingekehrt beim vierten Brockenwirt, Friedrich Christian Gerlach, welcher das erste Gasthaus auf dem Brocken errichten ließ. Hier täuschte auch Heine eine Krankheit vor, um trotz voller Belegung noch ein Bett zu bekommen. Das Wandern nur zum Zwecke des Naturerlebnisses war in Mode gekommen und so zählte Gerlach schon an die 100 Übernachtungen im Jahr. Seine Vorgänger führten nur eine Schutzhütte auf dem Heinrichsberg, bewirteten Torfarbeiter und Schäfer. Johann Mahrholtz gilt um 1750 als erster Brockenwirt überhaupt.

Gerlach machte den Brocken zum angesagten Ausflugsort. 1869 war der Brocken als „Berg der Deutschen“ bereits so interessant, dass man überlegte, eine Bahn hinaufzulegen. Umgesetzt wurden die Pläne aber erst 1896-99. Mit der Grenzbefestigung 1961 und der Umnutzung des 1.142 m hohen Gipfels endete die Zeit der Brockenwirte. Erst 28 Jahre später konnte sich ein neuer Brockenwirt in die Annalen der Geschichte eintragen, Hans Steinhoff. Es gab viel zu tun, aus den heruntergewirtschafteten Gebäuden das Eldorado für die Brockenbezwinger zu machen. Heute ist „Vater Brocken“ wieder das begehrteste Wanderziel in Nord- und Mitteldeutschland. Die Brockenbahn schnauft wieder ihren über 100 Jahre alten Weg hinauf und ermöglicht all jenen, die die Bahn oder ihr eigenes Schuhwerk über den Neuen Goethe-Weg nutzten, genau jenen Blick hinab auf die Welt, von der schon Eichendorff ganz benommen war. Ob Glühwein, Tee, Schierker Feuerstein, ob heiße Bockwurst mit der begehrten Brockenwirt-Erbsensuppe - heute bewirten Hans Steinhoff und sein Sohn Daniel all jene, die um ein Mahl oder ein Bett bitten. Wie gestern so heute. Und in der ganzen unsteten Welt ist es schön zu wissen, das etwas in ihr Bestand hat: Vater Brocken mit seinen Brockenwirten. Axel Kühling

Das Brockenhotel heute; Brockenwirte
Hans (r.) und Daniel Steinhoff
Fotos: Harzdruckerei/J. Korsch

 

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