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Der erste (in)offizielle deutsche Nationalfeiertag
Vom 2. September bis zum 3. Oktober - kleiner Einblick in die Geschichte deutscher Nationalfeiertage

Wir schreiben das Jahr 1870. Bismarck, dieser große, geniale Politiker, von dem wir in unserer Juli-Ausgabe berichteten, hatte die Franzosen mit diplomatischen Mitteln herausgefordert. Frankreich erklärte Preußen am 19. Juli 1870 den Krieg. Bismarck wollte die deutsche Einheit unter preußischem Banner - und ein Krieg, auch das war ihm völlig klar, würde eine Nation im gewissen Maße zusammenschweißen. Das hatten die Befreiungskriege gegen Napoleon Bonaparte bewiesen. Gewaltige Schlachten mussten nun gefochten werden, tausende brave Untertanen beider Seiten deshalb ihr Leben lassen. Blutige Flecken tauchten auf der Kriegskarte auf, Namen von französischen Orten, die wohl von all jenen betroffenen Müttern verflucht worden waren: Gravelotte, Mars-la-Tour, Beaumont und Sedan. Besonders die Schlacht um Sedan, einem kleinen französischen Städtchen in den Ardennen, wurde zur entscheidenden Auseinandersetzung. Und wie in jeder Schlacht wird ein Sieg nur dort erfochten, wo ein Feldherr die Fehler gegnerischer Heerführer für sich auszunutzen weiß und selbst die kleineren Fehler macht.

Marschall Mac-Mahon war von Châlons mit 120.000 Mann abmarschiert. Er wollte seine Armee bei Sedan sammeln und unterschätzte dabei Stärke sowie Geschwindigkeit der deutschen Verbände. Denn der Chef des preußischen Generalstabs von Moltke hatte bereits 200.000 Mann nach Sedan beordert. Als bayrische Truppen in den Vorort Bazailles eindrangen, schlug diesen ein heftiger Widerstand entgegen. Es entstand ein Gemetzel, welches als Blutbad von Bazailles in die Geschichte einging. Auch die sächsischen Truppen unter Kronprinz Albert von Sachsen und die preußischen Truppen unter Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen mussten in den Vororten gewaltige Verluste hinnehmen. Nun versäumte die französische Führung, durch Umgruppierung eine Einschließung zu verhindern. Das nutzte Moltke aus. Er schloss den Kessel, in dem sich unter den 100.000 Mann auch Kaiser Napoleon III. befand.

Am Abend des 1. September 1870 wehte über der Festung Sedan die weiße Fahne. Die Verluste auf beiden Seiten waren immens, knapp 9.000 deutsche und an die 17.000 französische Soldaten waren tot, schwer verwundet oder vermisst. Am 2. September folgte die Kapitulation. Nach dem Sieg über Frankreich 1871 und der Einsetzung eines Deutschen Kaisers machten sich viele Politiker daran, einen Gedenktag für die vielen Opfer und den Sieg über Frankreich einzusetzen. Der deutsche Kaiser aber wies den Wunsch ab, den Sedantag als Nationalfeiertag gesetzlich zu fixieren. Dennoch wurde er bis 1918 in fast allen deutschen Landen als Art Nationalfeiertag begangen. Aufmärsche, Einweihungen von Straßen, Plätzen oder Denkmälern, Schulfeiern und Festveranstaltungen natürlich mit einem dreifach Hoch auf den Kaiser und dem Lied „Heil dir im Siegerkranz“ waren am 2. September sehr verbreitet.

Mit der Niederlage im 1. Weltkrieg und dem Ende des Kaiserreiches verschwand der Gedenktag allmählich. Den ersten offiziellen Nationalfeiertag gab es mit Unterzeichnung der Weimarer Verfassung am 11. August 1919 durch Friedrich Ebert als Geburtsstunde der Demokratie. Die Nationalsozialisten machten den 1. Mai als Tag der Arbeit zum Nationalfeiertag. Von 1954 bis 1990 galt der 17. Juni in Erinnerung an die Aufstände am 17. Juni 1953 in der DDR als deutscher Feiertag, während die DDR den 7. Oktober zur Feier ihrer Gründung 1949 bis 1989 mit Veranstaltungen wie Paraden zum Feiertag erhob. Mit der Wende sollte der Tag des Mauerfalls (9. November 1989) ehrenhaft begangen werden. Da aber dieser Tag von schlimmen Ereignissen in der deutschen Geschichte bereits überschattet wurde, entschied sich der Bundestag für den 3. Oktober. Für diesen Tag hatte die Volkskammer 1990 den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erklärt. Axel Kühling

Politisch gedemütigt erklärte der französische Kaiser Preußen den Krieg und nahm dabei hunderttausende Opfer in Kauf.

Fotos: wikipedia/Deutsches Historisches Museum Berlin

Bismarck begleitet Napoleon III., der sich in Sedan ergeben hatte, zum preußischen König.

 

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